Kriegsereignisse beim Einzug der Amerikaner ins Badische Frankenland, 1945
Begleitwort
Das Erzbischöfliche Ordinariat in Freiburg hat nach Kriegsende die Dekanate aufgefordert, bei den einzelnen Pfarrämtern Erhebungen über etwaige Kriegsschäden an kirchlichen
Gebäuden, Anstalten und sonstige Kriegseinwirkungen zu machen.
Der Durchzug der Amerikaner, der mehrere Tage andauerte und mancherorts Kampfhandlungen zur Folge hatte, war für uns ein großes Erlebnis, das nicht in Vergessenheit versinken darf. Zu tief war die
Volksseele erschüttert, deshalb sollen diese Erlebnisse auch der Nachwelt erhalten bleiben.
Was mir berichtet und von Augenzeugen erzählt wurde, soll im Folgenden dargestellt werden.
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Königheim |
Rothermel |
Geistl. Rat |
Kriegsereignisse des Weltkrieges 1939/45 im Badischen Frankenland
(Nach dem Bericht von Augenzeugen - geschildert von Herrn Geistlichem Rat Rothermel, Dekan in Königheim)
I. Das Frankenland vor der Besetzung durch die Amerikaner
1. Frankenland sicheres Aufmarschgebiet
Bis Anfang März 1945, wo der Feind noch am Westwall stand, war man der sicheren Hoffnung,
dass das Frankenland vom Krieg völlig verschont bleiben würde. Deshalb galt dasselbe als sicheres Aufnahmegebiet und wurden Zweige des Ministeriums von
Staatsstellen, ebenso große Betriebe kriegswichtiger Art in unsere Gegend, namentlich nach Tauberbischofsheim verlegt. Nach Königheim kam Anfang Dezember
1944 die Reparatur-Eisenbahnwerkstätte von Saarbrücken mit 400 Arbeitern. Wertvolle Archive aus Köln waren schon während der ganzen Kriegszeit im Kloster
Bronnbach aufbewahrt. Aus allen Gegenden des Rheinlandes, besonders den fliegergefährdeten Großstädten wurden aus den Pfarreien wertvolle Paramente, Bücher
usw. fast an allen Orten hinterlegt. Durch die sich mehrenden Fliegerangriffe auf die Großstädte wurden die Dörfer des Frankenlandes
mit Ausgebombten geradezu überschwemmt. Zwangsweise waren Frauen und Kinder aus der Gegend von Dortmund im hiesigen Bezirk durch die NSV (Anm. National-Sozialistische Volkswohlfahrt) evakuiert. Es herrschte das Bestreben vor, die Katholiken in ganz
evangelische und die Evangelischen in ganz katholische Gegenden zu verbringen, was die Seelsorge schwer belastete. Die beiden Konfessionen hatten sich
vereinbart, ihre Kirchen und Gemeindehäuser sich gegenseitig zur Verfügung zu stellen. So kam es, dass in Nassig und Urphar bei Wertheim seit der Reformation
erstmals wieder heilige Messen stattfanden. Für die Orte rechts der Tauber hatte anfangs der Kaplan aus Königheim, später das Kloster Bronnbach Gottesdienst
und Schule übernommen. Für die Orte links der Tauber, Nassig und Sonderriet etc. übernahm die Pfarrei Hundheim die Seelsorge. Mit dem Näherrücken der Front
und den zunehmenden Fliegerangriffen auf die Großstädte des Westgebietes erhielten wir großen Zuzug, namentlich aus Frankfurt a.M., Mainz Mannheim,
Karlsruhe. Alle freien Räume und Betten waren durch die NSV beschlagnahmt. Unser St. Josefshaus war bis zum letzten Bett belegt und
erschöpfte sich geradezu durch Verabreichung von Speisen für Durchziehende. Seit Mitte Januar 1945 hatten Borromäerinnen aus Trier im zweiten Stock der
Kinderschule Aufnahme gefunden. Wir hatten hier Anfang März über 1200 Evakuierte, Tauberbischofsheim deren 2200. Von Mitte März an waren auch Nähsaal und
Kinderschule mit durchziehenden Soldaten, später mit kriegsgefangenen Polen und Russen bis fast Ende Mai belegt. Auch die Pfarrhäuser waren vorbildlich in
Aufnahme der Evakuierten und stets voll besetzt.
2. Bombadierung durch die Luftwaffe
Die Verlegung der Betriebe und Zustrom von Menschen brachte uns, die wir bisher ziemlich friedlich gelebt hatten, große Fliegergefahren.
Wiederholt wurden die Bahnhöfe Tauberbischofsheim und Lauda heimgesucht, wobei es auch mehrmals Tote und Verletzte gab. Am 20. März abends 6 Uhr war hier
eine feindliche Sprengbombe, die dem Bahnhof galt, anfangs des Ortes niedergegangen und hat die Scheuer des Anton Bischof zerstört, mehrere Dächer abgedeckt
und den achtjährigen Sohn des Schuhmachers Thum durch einen Splitter ins Herz getötet.
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II. Die Ereignisse bei der Besetzung des Bad. Frankenlandes durch die Amerikaner
1. Besetzung von Königheim
Da die Reichsstrasse Würzburg-Hardheim-Miltenberg-Heidelberg mitten durch unser Ort führt, waren wir darauf gefasst, dass die
Amerikaner diese Autostrasse ausgiebig benutzen würden. Unser Ort war besonders gefährdet, weil die Enge des Tales eine Absperrung leicht möglich machte und
den Truppentransport erschweren konnte. Darum hatte auch der Kreisleiter aus Wertheim in einer besonderen Besprechung verlangt, dass Königheim verteidigt
werden müsse. Wohl durch seine Veranlassung hatte der hiesige Ortsgruppenleiter die nötigen Vorbereitungen getroffen. Mit Beginn der Karwoche waren eine
SS-Kompanie hier einquartiert, welche an der Bettelbrücke (so genannt, weil dort die Kinder die Wallfahrer von Walldürn erwarteten) einen Anschlag auf die
amerikanischen Panzer machen sollte. Auch eine Abteilung Hitlerjungen aus Ludwigshafen mit Panzerfäusten versehen, waren für diesen Zweck eingesetzt. Die
Unterführung bei der Brauerei Stefan sollte bei Herannahen des Feindes in die Luft gesprengt werden. Baumstämme lagen bereit, um den Eingang des Ortes zu
verbarrikadieren. Der Volkssturm sollte dies ganze Aktion mit Panzerfäusten unterstützen. Am Karfreitag früh erklärte derselbe seine Auflösung. Darauf zogen
auch die SS und die Hitlerjugend im Laufe des Tages ab. Nur fünf SS-Leutnants blieben zurück und waren trotz aller Bitten nicht aus dem Ort zu bringen. In
der Nacht vom Karfreitag auf Karsamstag ließ die Partei einen Aushang anbringen: ″Wer die weiße Fahne hisst, gilt als Verräter, hilft dem Feinde und wird
erhängt″. In Folge des starken Terrors, den die Partei hier schon seit Jahren ausübte, wagten es die wenigsten, sich zu widersetzten. Die Parteiführer waren
in der Nacht auf Karsamstag geflüchtet. Die zurückgebliebenen SS verteilten sich auf Ober-, Mittel- und Unterdorf und drohten denen, die sie verhindern
wollten, mit Erschießen. Am Karfreitag abends traf die telefonische Nachricht ein, dass die Amerikaner auf dem Weg von Walldürn nach
Hardheim seien. Es war die siebte Armee, welche bei Oppenheim unweit Worms über den Rhein gegangen war, von Weinheim über Michelstadt den hessischen Odenwald
durchzog und in Amorbach die Richtung nach Walldürn nahm. Das Städtchen Miltenberg a.M. das anfänglich durch die SS verteidigt werden sollte, wurde durch die
energische Widersetzung der Bevölkerung freigegeben, Am Karfreitagabend 6 Uhr sprengten die Deutschen den Fliegerhorst von Höpfingen unter Riesendetonation.
In Hardheim teilten die Amerikaner ihren Weg teils über Külsheim, Uissigheim, Eiersheim, ohne Widerstand zu finden. Die anderen schlugen ihren Weg am
Karsamstag früh nach Königheim ein. Hier sollten sie seit ihrem Übergang am Rhein den ersten Widerstand finden. Beim ersten Schiessen
im Oberdorf durch die SS fing die Scheuer des Alois Hess Feuer und brannte nieder. Im Mitteldorf warf der in der Bäckerei Uihlein einquartierte Leutnant aus
dem Fenster eine Panzerfaust auf die durchziehenden Truppen und demolierte das Tor des Wendelin Bischof und verletzte diesen. Aus der Brunnengasse beim
Engelwirt schoss ein SS. Das veranlasste die Amerikaner mit Panzergeschossen zu erwidern. Das Anwesen von Landwirt Blesch, Buchbinder Henn, Leonhard
Faulhaber, Witwe Uihlein geb. Hess, die Synagoge und die ganze Häuserreihe bis zu Leo Keim standen alsbald in hellen Flammen. Bei Blesch und Witwe Adolf
Uihlein verbrannten sämtliches Vieh im Stall. Mit knapper Not konnten die sich im Keller aufhaltenden Personen ihr Leben aus den brennenden Häusern retten.
Die schwerkranke Frau des Maurermeisters Müller samt der sie pflegenden Tochter Resi mit Tante und Onkel fanden im Keller den Tod, da infolge der umliegenden
brennenden Scheuern und dem andauernden Schießen der Amerikaner ein Entkommen nicht mehr möglich war. Man fand sie anderntags einander umarmend, den
Rosenkranz in der Hand durch die große Hitze so geschmolzen, dass sie alle vier in einem Sarg geborgen werden konnten. Sie wurden am Ostermontag mit einem
Saarbrücker Eisenbahner, der gleichfalls dem Widerstand zum Opfer fiel, unter Anteilnahme der ganzen Pfarrgemeinde beerdigt. Dieser tragische Tod wurde umso
mehr bedauert, als die Familie Müller ein Vorbild christlichen und wohltätigen Lebens gab und die Tochter Resi als Kindergärtnerin erst am Tag zuvor aus dem
Kinderheim Friedenweiler zur Pflege ihrer kranken Mutter heimgekommen und dem Tod in die Arme gelaufen war. Drei Söhne stehen noch draußen im Krieg. Infolge
Widerstand am Ausgang des Ortes brannte das ganze Anwesen des Straßenwarts Achstetter am Dienstadter-Weg bis auf den Grund nieder. Es wäre noch ein größeres
Unheil vorgekommen, wenn nicht Frl. S. Waibel aus Karlsruhe, die z.Zt. hier wohnte, einen Stoßtrupp nach Königheim von ihrem Weitermarsch mit energischem
Zureden abgehalten und zur Rückkehr bewogen hätte. Von den fünf hier kämpfenden SS-Leutnants starb hier einer an einem Bauchschuss, ein anderer erhielt einen
Schuss am Fuß, die drei übrigen wurden in Gefangenschaft abgeführt, 18 Häuser waren niedergebrannt, 24 Familien obdachlos Diesem
Karsamstag folgte ein düsterer Ostersonntag. Am Osterfest stiegen qualmende Rauchwolken zum Himmel, Panzerautos fuhren unablässig durch das Dorf, gegen 4000
Wagen tagtäglich, sodass die Strasse kaum passierbar war. Die Osterpredigt mit dem Thema: ″Misericordiam Domini cantantes, jam non contriti sumus″-lasst
uns die Barmherzigkeit Gottes preisen, denn wir sind nicht ganz erdrückt- sollte das erste Trostwort an die Pfarrgemeinde sein. Der größte Teil des Ortes,
unser herrliches Gotteshaus, alle Kapellen, das Schwesternhaus und Pfarrhaus waren gerettet. Der helle Feuerschein des Brandplatzes sollte für die kommende
Nacht unseren deutschen Fliegern ein neues Angriffszeichen auf ein von den Amerikanern besetztes Ort sein. Sie warfen neben dem Brandplatz mehrere
Brandbomben, durch welche die Scheuern der Landwirte Erhard, Reinhard und Bauer nieder brannten, während die Wohnhäuser durch eifriges Löschen gerettet
werden konnten.
2. Besetzung der Kreisstadt Tauberbischofsheim
Nach der Durchfahrt von Königheim nach Tauberbischofsheim fielen aus dem Walde am Dittwarer Bahnhof einige Schüsse, die zur Folge hatten,
dass der Bahnhof von Seiten der Amerikaner schwere Einschläge erhielt. Gegen 11 Uhr trafen die Panzerspitzen in Tauberbischofsheim ein. Auch hier waren die
Parteiführer rechtzeitig geflüchtet. Bürgermeister Schäffner riet von jedem Widerstand ab. Die SS hatte an der Tauberbrücke einen Widerstand organisiert;
dieselbe sollte gesprengt und der Volkssturm mit Panzerfäusten von dort aus über die Stadt verteilt werden. Derselbe löste sich noch vor Ankunft der
Amerikaner auf. Glücklicherweise kam die SS-Abteilung 10 Minuten zu spät an; die Sprengung der Brücke unterblieb, es fielen nur einige Schüsse von Seiten der
SS, worauf die Amerikaner das Feuer eröffneten und 3 Häuser jenseits der Tauber in Brand schossen. Sparkassendirektor Helmut ein gut katholische Familie,
wurde mit ihren 4 Personen unter den Trümmern ihres Hauses begraben. Landrat Tellenbach, nicht nationalsozialistisch eingestellt und der Kommissar der
Gendarmerie wurden von den Amerikanern in Haft genommen. Die Stadt wurde, ohne weiteren Schaden zu nehmen, den Amerikanern übergeben.
Die Stadt hatte das Gelübde gemacht, im Falle ihrer Rettung das Fest der hl. Lioba am 28. September alljährlich als Festtag zu feiern.
3. Besetzung der umliegenden Orte
In Dittwar und Dittigheim war
kein Widerstand. Am letzteren Orte aber hatten die Polen um die gleiche Zeit ein Scheibenschießen veranstaltet. Die Alliierten hielten es für einen
Widerstand, umstellten den Ort, nahmen einzelne Bürger in Gefangenschaft als Geißel über Nacht, ließen aber dieselben nach Aufklärung des Sachverhaltes
sofort wieder frei. Von Hardheim war ein Teil der Alliierten das Erftal heraufgezogen in der Richtung Bretzingen, Erfeld,
Gerichtstetten, Pülfringen, Brehmen und Buch am Ahorn, um über Heckfeld nach Lauda zu kommen. Erst in Heckfeld hatte die SS einen Widerstand organisiert. Am
Eingang des Ortes waren Barrikaden erbaut. Daraufhin kehrten die Amerikaner um, weil sie vom Buchener Wald aus beschossen wurden. Es eröffnete sich ein
Waldkampf, bei dem 25 SS-Leute den Tod fanden, die in Heckfeld in einem Massengrab beerdigt wurden. Die Alliierten fuhren nach Heckfeld zurück und schossen
am Anfang und Ende des Ortes je eine Scheuer in Brand. Um größeres Unglück zu verhüten, ging ein Mannheimer Evakuierter mit weißer Flagge dem Feind entgegen
und übergab den Ort. Auf die Frage, warum der Bürgermeister nicht selber komme, gab dieser zur Antwort, weil er ein Feigling ist. Die Fahrt der Alliierten
ging über Oberlauda ohne Widerstand weiter.
4. Die Kämpfe in der Umgebung von Lauda und Königshofen
In Lauda wollten die Parteiführer mit SS und dem Volkssturm die Stadt verteidigen. Bürgermeister und einige
einsichtige Männer rieten energisch ab, worauf der Volkssturm sich auflöste. Gleichzeitig war eine Abteilung der Alliierten auch von Tauberbischofsheim aus
gegen Lauda gezogen. Die in Heckfeld versprengten SS eröffneten oberhalb des Waldes in Lauda den Kampf, der Kirchturm fing Feuer, brannte völlig nieder und
stürzte durch das Langhaus ein. Eifrige Löscharbeit bewahrte die Kirche vor weiterem Schaden. Dagegen brannten die zwei angrenzenden Amtshöfe mit Wohnung und
Scheuern und drei Wohnungen neben der Blutskapelle nieder. Vor weiterem Schaden blieb die Stadt bewahrt. Königshofen und Deubach sollten ähnlich wie im Bauernkriege 1525 die Durchfahrt am schmerzlichsten erleben. Die günstige Lage am Ausgang des
Schüpfer Grundes und den gegenüberliegenden Anhöhen ermöglichten den SS die gute Stellung, um den Amerikanern die Durchfahrt nach Mergentheim zu verhindern.
Schon Tage zuvor waren SS eingetroffen, ferner eine Abteilung blutjunger Infanterie, vorher Marine-Soldaten, welche die Stadt zu verpflegen hatte. Dazu
hatten die SS alle Pferde der Bauern samt Wagen für ihren Transport beschlagnahmt. Der damalige Bürgermeister, ein sturer Pg. (Anm. Parteigenosse) wollte die Stadt
unbedingt verteidigt haben. Beim Einzug der Amerikaner am Ostersonntag früh entwickelte sich eine
regelrechte Schlacht, welche mittags von deutschen Tieffliegern unterstützt wurde. Niemand wagte sich am Ostersonntag aus dem Hause; der Dekan hatte an
diesem Festtage die hl. Messe privatim in seinem Pfarrhauskeller zelebriert. Die deutschen Tiefflieger schossen durch Brandbomben die Stadt in Brand. Infolge
des Riesenfeuers war während der Kampfzeit eine Löscharbeit nicht möglich. So gingen 2/3 der Stadt, wenige Häuser am Eingang ausgenommen, in Flammen auf.
Darunter auch das Pfarrhaus. Dasselbe brannte mit seiner gesamten Einrichtung, Bibliothek usw, nieder, nur wenige Kleider samt den Standesbüchern konnten in
die Kirche gerettet werden. Auch die Kirche bekam einen Granattreffer, der aber nicht weiter schadete, aber einer vorübergehenden Frau, Mutter von 8 Kindern
den Kopf abriss. Der Brandschaden war ungeheuer groß, wie ich mich persönlich überzeugte. Herr Geistl. Rat Kölmel, dem ich sofort einen Trostbesuch machte,
erzählte mir, die allermeisten Leute hätten so ziemlich alles verloren. Die Lebensmittel, Hauseinrichtungen, sehr viel Vieh samt Futter und Frucht gingen in
Flammen auf. Doch am bedauerlichsten war es, dass 11 Zivilpersonen sich aus den brennenden Kellern nicht mehr retten konnten und ums Leben gekommen sind. Am
gleichen Tage meines Besuches waren 60 deutsche Jungens in einem Massengrab auf dem Friedhof beigesetzt worden. Sie hatten ihr Leben im Dienste der SS für
einen von vornherein aussichtslosen Kampf opfern müssen. Der Bürgermeister, der seine Gemeinde in dieses große Unglück gestürzt hatte, war mit der SS
flüchten gegangen. Bei all dem war es der größte Trost, dass das herrliche noch nicht lange restaurierte Gotteshaus, sowie Schwesternhaus samt Schulhaus und
einige anschließende Wohnungen unversehrt blieben. Im Schwesternhaus wurden sofort Notquartiere und Volksküche eingerichtet, die benachbarten Filialorte
stellten die Lebensmittel. Ein amerikanischer Offizier sagte dem Dekan: ″Vater, nicht wir sondern die SS hat die Stadt in Brand geschossen.″ Tatsächlich
hatte auch ein SS-Leutnant am Karsamstag den Ausspruch getan: ″Dieses katholische Kaff wollen wir gründlich ausräuchern.″ Das
benachbarte Deubach. ein Ort mit 20 Haushaltungen, katholisch, eine Enklave von Württemberg, sollte für Königshofen die Rückendeckung bilden. Die ganze Woche
über war dort eine Panzerjägerabteilung einquartiert. Am Gründonnerstag kam noch eine aus mehreren Kompanien bestehende Infanterie meistens jungen Leuten,
notdürftig ausgerüstet dazu. Auch diese mussten von Ortseinwohnern verpflegt werden. Am Karfreitag traf noch Artillerie ein. Dieselben bezogen die Anhöhen,
wo sie in mangelhaft ausgehobenen Schützengräben Stellung nahmen. Am Ostersonntag früh griffen sie dort zur Unterstützung für Königshofen in den Kampf ein,
so sehr, dass an beiden Ostertagen in Deubach kein Gottesdienst möglich war und die Leute Tag und Nacht in ihren Kellern verbleiben mussten. Der Höhepunkt
des Kampfes waren vom Osterdienstag bis Freitag. Der Major wollte die Höhen unbedingt gehalten wissen. Der Feldwebel stellte ihm die Aussichtslosigkeit des
Kampfes vor Augen und bat, das Leben der Jungen zu schonen. Er gab zur Antwort: ″Befehl ist Befehl″! Ja, er verlangte, vom Bürgermeister die völlige Räumung
des Ortes, alle Frauen und Kinder sollten im benachbarten Walde Deckung suchen. Dieselben baten den Major unter Tränen, davon abzusehen. So verbrachten sie
die Nacht vom Donnerstag auf Herz-Jesu- Freitag, die schlimmste der ganzen Woche, in ihren Kellern. Als schließlich drei Scheuern und Wohnungen in Brand
standen, suchten sie unter Lebensgefahr, die übrigen Wohnungen zu retten. Während all dessen lag der Major ruhig im Bette, da er an
dem Auge eine kleine Verletzung erhalten hatte. Feldwebel und Uffz. traten am Freitag früh um 4 Uhr an sein Bett und berichteten über die Kampflage und ihre
Aussichtslosigkeit. Daraufhin ordnete er auf 6 Uhr de Abmarsch an. 300 junge Soldaten von 16-18 Lebensjahren lagen auf dem Kampffelde verblutet. Schwester
Nothelma, welche zufällig dort zur Erholung weilte und Sanitätsdienste leistete, berichtete hierüber: Wenn die Amerikaner nur wenige Tote, die Deutschen
dagegen größtenteils aufgerieben wurden, kam es daher, dass der Kampf mit jungen, nicht ausgebildeten Soldaten geführt wurde, ohne Rückendeckung, ohne
genügende Munition, ohne Feldküche und ohne Sanitätseinrichtung. Mancher verblutete aus Mangel an Verbandsstoffen. Um ½ 8 Uhr morgens
erschienen die Panzer der Alliierten auf den Höhen von Königshofen. Der Bürgermeister von Deubach ließ den Kirchturm von Deubach mit weißer Fahne beflaggen;
dieselbe wurde von den abziehenden Deutschen noch beschossen. Die Amerikaner zogen in das heimgesuchte Dorf ein. Der Pater von Messelhausen, der dort die
Seelsorge ausübte, war um die Bergung der Toten besorgt.. Er fand Katholiken tot mit dem Rosenkranz in der Hand, während Evangelische das aufgeschlagene
Gebetbuch vor sich hielten. Sie alle wurden in einem Massengrab -300 an der Zahl- auf dem Friedhof in Deubach beerdigt. R.I. P.
5. Die Kämpfe um Messelhausen
Von Deubach zogen die SS über den Hof Hofstetten, der
teilweise nieder brannte, sich nach Messelhausen zurück und nahmen im ″Dürren Hölzlein″ Stellung. Sie erhielten von Würzburg Verstärkung. Schon einige Tage
zuvor hatten die Bewohner Einquartierung und unentgeldliche Verpflegung geleistet. Ein Ritterkreuzträger wollte den Ort unbedingt haben. Am Freitag kamen die
Amerikaner von Deubach herüber an. Vier Tage dauerte das Schiessen zu, Hölzlein hinüber. In der Nacht holten sich die SS im Ort ihre Verpflegung. Die
Deutschen hatten mit 14 Panzern Stellung genommen, mussten aber wegen Benzinmangel außer Gefecht treten. Am 4. Tage drohten die Amerikaner mit der Zerstörung
des Ortes. Der Prior des Klosters war der Retter. Mit einer weißen Fahne ging er denselben entgegen und erklärte, der Ort sei friedlich, nur die SS zwinge
den Kampf auf. Darauf hin zogen die Amerikaner ins Ort ein, durchsuchten die Häuser, wobei der Neffe des Landgerichtsdirektor Zehnter durch Unvorsichtigkeit
erschossen wurde. über die Kampftage hatten sich die Bewohner in den Kellern aufgehalten. 120 Personen befanden sich im großen Keller des Hofbauern Wörner.
Als ein Amerikaner diesen nach Soldaten durchsuchte, warf ein deutscher Soldat von außen eine Handgranate durchs Kellerfenster, wodurch eine furchtbare Panik
entstand. Die Frau, die mir den ganzen Bericht erzählte und zwar im Spital in Tauberbischofsheim, war an Armen und Beinen erheblich verletzt, ihre beiden
Kinder im Alter von 9 und 10 Jahren wurden hierbei getötet. Von Messelhausen zogen sich die SS nach Vilchband zurück, wo einige Häuser in Brand aufgingen,
kirchliche Gebäude aber keinen Schaden nahmen. Von hier suchten die SS in dem großen Kister-Wald Deckung. Dort vor Würzburg konnten sie sich einige Tage
halten.
6. Zerstörung von Würzburg
Die Haupt- und
Residenzstadt des Frankenlandes Würzburg war bis zum November 1944 von allen Luftangriffen verschont geblieben. Man hatte sichere Hoffnung, die als
Lazarettstadt unversehrt zu erhalten. Gegen den Willen der Bevölkerung gab sie der Kreisleiter der Verteidigung preis. Beim 1. Luftangriff im Dezember 1944
war nur das Juliusspital und der Bahnhof ernstlich betroffen. Beim 2. Angriff im Februar erlitt die Innenstadt ziemlichen Schaden.Am 16.März erfolgte bei
dem schwersten Luftangriff nahezu die Zerstörung der ganzen Stadt. Vor allem beklagten wir die kunstvollen Kirchen,Dom und Neumünster, Marienkapelle, die
erst neu renovierte St. Peterskirche, Augustiner- und Franziskanerkirche u.a.m., die Krankenhäuser, Universität, das von Balthasar Neumann erbaute Schloss
usw. Unersetzliche Werte gingen in Flammen auf. Auch die Marienburg erhielt schwere Einschläge, während das Käppele, dessen brennendes Dach durch die Patres
rasch gelöscht wurde, erhalten blieb. Beim Herannahen der Amerikaner wurde die Marienburg, die nur von badischer Seite zugänglich ist, zur Verteidigung
eingerichtet. 4 Tage dauerte die Schlacht zu Land und zu Luft und zerstörte die Stadt noch in solch furchtbarer Weisem wie es wenige Städte erlitten haben.
Zum Unglück hatte die HJ durch einen Schuss aus dem Keller einen amerikanischen Lazarett-Offizier getötet, was zur Folge hatte, dass die ganze Stadt zur
Plünderung freigegeben wurde und die in den Kellern liegenden Vorräte vernichtet wurden. Mit Würzburg ist eine Stadt von urkatholischem Gepräge
untergegangen. Die herrlichen Gotteshäuser mit dem Dom, welche zu den schönsten Deutschlands zählten, die altehrwürdige Mainbrücke mit ihren Frankenheiligen,
die vielen Schwestern- und Mutterhäuser, die großen Kliniken, besonders das altehrwürdige Juliusspital, die Häuser der Caritas, herrliche Patrizierhäuser aus
dem Mittelalter stammend, viele Heiligenstatuen denen man auf Schritt und Tritt begegnen konnte, sind unersetzliche Verluste an kulturellen Werten und
Volksvermögen. Wie viele Städte Deutschlands sind in diesem unseligen Kriege vom gleichen Schicksal betroffen worden!
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III. Ereignisse bei der Besetzung Miltenberg - Wertheim
Schon vor der Ankunft der Amerikaner
wurden wiederholt am Main entlang Bomben abgeworfen und die auf dem Main fahrenden Schiffe mit Bordwaffen beschossen. Dadurch büßte im Oktober 1944 ein
Kapitän aus Freudenberg sein Leben ein. Am 21.10. 1944 wurde in Stadtprozelten eine Bombe abgeworfen, durch deren Luftdruck an der
Kirche in Mondfeld sieben Fenster eingedrückt wurden, sonst aber kein weiterer Schaden entstanden ist. Nach dem Übergang der Amerikaner über den Rhein
erfolgte der Durchzug nach Aschaffenburg-Lohr-Gemünden, wodurch ein furchtbares Rückfluten deutscher Soldaten im ganzen Maingebiet einsetzte. Das
trostloseste Bild boten zurückwandernde Kriegsverletzte, die aus den Lazaretten der Bergstrasse nach Freudenberg kamen, zum Teil zu Fuß zum Teil mit Wagen.
Es war ein Bild, wie es die Soldaten des Krieges 1914/18 nicht gesehen hat. Trostlos, geschlagen, zermürbt, von allen verlassen, wie ein aufgelöster Haufen.
Die am Montag der Karwoche eintreffende Pionierabteilung sollte die Sprengung der neuen Brücke in Freudenberg vornehmen. Immer größere Verwirrung und
Niedergeschlagenheit zeigte sich bei der Bevölkerung. Schon am Mittwoch der Karwoche flog plötzlich und ohne vorherige Meldung die Straßenbrücke in
Miltenberg in die Luft, wodurch 40 Personen und auch Fuhrwerke, die sich auf der Brücke befanden, in die Tiefe gerissen wurden. In der Nacht vom
Gründonnerstag auf Karfreitag setzte in der Nähe von Freudenberg heftiges Artilleriefeuer ein, welches die herannahenden feindlichen Panzer beschießen
sollte. Der Karfreitag brachte so große Durchzüge und Kampfhandlungen, dass der Gottesdienst ausfallen musste. Nachts um ½ 11 Uhr haben SS-Soldaten die neue
Brücke über den Main gesprengt, um den auf bayrischer Seite bereits ankommenden Amerikanern den Übergang zu verhindern. Die ganze Masse der Amerikaner zog
über die Höhe gegen Wertheim und das Taubertal. In Freudenberg selber fiel kein Schuss. Nach Verlassen der deutschen Soldaten wurde die weiße Fahne gehisst
und die Stadt übergeben. Die Friedhofskapelle hat erheblichen Dachschaden erhalten, durch den Luftdruck bei Sprengung des Schleussensteges waren alle
Fenster zerstört und die Türen eingedrückt. Gottesdienst am Karsamstag zu halten war wegen der Panikstimmung bei den Leuten unmöglich. Erst am
Karsamstagabend fuhren die ersten Panzerspähwagen der Amerikaner durch den Ort. Am Ostersonntag konnte der Gottesdienst gefeiert werden. Es setzte plötzlich
aber ein ungeheurer Strom amerikanischer Truppen aller Waffengattungen ein. Weiterer Schaden an kirchlichen und Profan-Gebäuden war nicht vorgekommen. Die
Gemeinde machte hierfür auf Mariä Heimsuchung eine Dankeswallfahrt auf den Engelberg. In der Nacht vom Karfreitag zum Karsamstag war
eine halbe Stunde leichter Artilleriebeschuss in Boxtal und Mondfeld, der nur ganz geringen Schaden anrichtete. Weitere Kampfhandlungen hat es nicht gegeben.
Am Ostersonntag früh hatten die Männer freiwillig alle Panzersperren entfernt, sodass auch weitere Beschießungen nicht vorgekommen sind.
2. Höhenorte Külsheim etc.
Für die ganze Höhenlage links der Tauber
sollte der Flugplatz von Wertheim und das naheliegende Nassig Mittelpunkt der Kampfhandlungen werden. Zu diesem Zweck war in allen Ortschaften zahlreiche
Einquartierung deutscher Truppenteile erfolgt. Im Schloss in Külsheim wurde eine Funkstation des Flugplatzes von Wertheim untergebracht. Der Volkssturm wurde
aufgeboten, was noch an wehrfähigen Männern übrig geblieben war, musste mit der Panzerfaust exerzieren. Von Tauberbischofsheim hatte man Verstärkung
erwartet, als diese nicht eintraf, verließ der Kreisleiter von Wertheim am 29.3. mit Offizieren und Mannschaften des Flugdienstes unseren Ort und am
Karfreitagabend zogen die letzten deutschen Soldaten ab. in derselben Nacht um 2 Uhrwaren bereits amerikanische Panzer vor Külsheim aufgefahren; dieselben
hatten ihren Weg von Boxtal über Wessental, abzweigend Rauenberg genommen, wo sie friedlich durchziehen konnten. Sie durchquerten Külsheim in der Richtung
nach Uissigheim, Eiersheim. In beiden Orten wurde die Übergabe ohne Störung vollzogen. Von Uissigheim zogen die Amerikaner am
Ostermontag, den 2.4. nach Gamburg das ohne Gegenwehr und ohne Zerstörung kirchlicher und profaner Gebäude in Besitz genommen werden konnte. Eine andere
Abteilung der Amerikaner zog von Wessental nach Nassig, das von den Deutschen zum Schutz des Flugplatzes und der Stadt besetzt worden war.
3. Nassig
Am Karfreitagmittag zog eine Panzerabteilung der
Alliierten von Hardheim über die Höhenorte Külsheim, Uissigheim, in der Richtung nach Wertheim. Sie fanden den ersten Widerstand in Nassig. Dorthin war die
im Fliegerhorst Wertheim gelegene Besatzung zum Widerstand beordert. Schützengräben und Barrikaden waren aufgeworfen und die Kirche als Deckung gewählt. Im
Kampfe ging die Kirche mit allen umliegenden Häusern und Scheunen, gegen 50 an der Zahl, in Brand auf. Es fanden viele Jungen ihren Tod. Manche von ihnen
hatten noch nicht einmal ein Soldbuch oder Erkennungsmarke, sodass ihr Name nicht festgestellt werden konnte. Durch diesen Verlust war der für Wertheim
geplante Widerstand schon ziemlich gebrochen. Von drei Seiten umfassten die Amerikaner die Stadt.
4. Reicholzheim und Wertheim
In Dörlesberg zogen keine amerikanischen Truppen durch. Von Nassig hatten sie den Weg über
Bronnbach nach Reicholzheim genommen. In Reicholzheim standen am Ostersonntag die amerikanischen Panzerspitzen mitten im Dorf. Auf Anzeige hin wurde das alte
Schulhaus von den Amerikanern umstellt und die dort einquartierten Soldaten der Luftwaffe gefangen genommen. Bei ihrem Vorstoß gegen Waldenhausen erhielten
die Amerikaner Feuer und zogen sich deshalb nach Bronnbach zurück. Von da zogen sie dann nach Reicholzheim-Wertheim zu. In sinnloser
Weise hatten die SS alle drei Mainbrücken, auch die große Eisenbahnbrücke nach Miltenberg gesprengt. Auf ernstes dringliches Vorstellen der Bevölkerung ging
der Bürgermeister von Wertheim mit weißer Fahne dem Feind entgegen, musste diese aber vor dem einziehenden Feind hertragen. Der Kreisleiter und dessen
Nachfolger flüchteten. Auf den Kopf des letzteren hatten die Amerikaner eine Belohnung ausgesetzt. Es glückte ihm zu entkommen, während der Kreisleiter von
Würzburg auf seiner Flucht in die Schweiz gefangen genommen wurde (er war als Priester und seine Frau als Rotkreuzschwester verkleidet). Von Wertheim nahmen die Alliierten die Richtung teilweise nach Marktheidenfeld in Bayern, teilweise das Taubertal herauf über die Höhenorte
gegen Würzburg, ohne Widerstand zu finden. Von Külsheim zogen die Amerikaner nach Werbach-Hochhausen.
5. Werbach
In Werbach war seit 23.3. starke deutsche Einquartierung gelegen, die am 30.III.
zurückgezogen wurde. Die 600 Mann SS, die daraufhin einquartiert werden sollten, kamen glücklicherweise nicht an. Am Karsamstagmorgen um 6 Uhr rollten die
amerikanischen Panzer von der Külsheimer Höhe herunter. Einige wenige deutsche Soldaten die noch im Ort waren, schossen mit Karabinern, sodass die
Panzergranaten 4 Gehöfte mit Nebengebäuden in Brand schossen, die leider völlig abbrannten. Drei Soldaten fielen. Die Übergabe des Ortes erfolgte dann ohne
Zwischenfälle. Das Pfarrhaus hatte einige unbedeutende Einschläge, die Kirche einigen Ziegelschaden, der rasch ausgebessert wurde. Am Ostersonntag und am
Weißen Sonntag wurde das Dorf mit starker amerikanischer Einquartierung besetzt. Die Leute mussten ihre Häuser räumen, die recht wüst zugerichtet und
bestohlen wurden. Von Hochhausen aus ging es den Höhenweg über Impfingen, Tauberbischofsheim, Richtung Großrinderfeld gegen
Würzburg.
6. Wenkheim
Von Werbach zogen amerikanische
Panzerspitzen über Werbachhausen, das ohne Störung und Zwischenfälle übergeben wurde, nach Wenkheim, das am 31.III. Karsamstag um 10 Uhr besetzt wurde. Der
Übergabe ging ein kurzes Maschinengewehrfeuer zwischen den nach Großrinderfeld abziehenden deutschen Truppen und den von Werbach heranrollenden amerikanische
Panzerspitzen voraus. Auf deutscher Seite waren ein Toter und zwei Schwerverwundete. Einige Häuser wurden leicht beschädigt, zwei Scheunen mit Ställen in
Brand geschossen. Die Parteileute wollten das Dorf unbedingt verteidigt haben und planten einen Anschlag auf die Häuser einiger Katholiken, weil sie beim
Herannahen der Amerikaner die weiße Fahne gehisst hatten. Weil letztere keine Besatzung zurückgelassen hatten, wurde von mehreren Männern das Dorf besetzt,
worauf nichts weiter geschah.
7. Großrinderfeld
Zwischen
Tauberbischofsheim und Großrinderfeld haben sich am Karfreitag schwere Kämpfe abgespielt. Am Karsamstag früh wurden die Toten und Schwerverwundeten nach
Großrinderfeld überführt und als der Platz in den Privathäusern nicht mehr ausreichte die Pfarrkirche zum Lazarett eingerichtet. In dem Dorf selbst war kein
Widerstand geleistet und so Übergaben am Ostersonntag früh um 8 Uhr der Bürgermeister den Ort den Amerikanern. Amerikanische Schwestern übernahmen die Pflege
im Lazarett, da die braunen Schwestern am Karfreitag fluchtartig den Ort verlassen hatten. Am Mittwoch nach Ostern wurde das Lazarett nach Tauberbischofsheim
verlegt. Schaden an kirchlichen Gebäuden ist nicht entstanden. Von Rinderfeld aus zogen die Amerikaner teilweise über Ilmspan-Schönfeld. teilweise nach
Gerchsheim. Schaden an kirchlichen Gebäuden ist in diesen Orten nicht zu verzeichnen.
8. Gerchsheim
Gerchsheim erwartete zu Kriegsende seinen Untergang. In den Wäldern hinter Gerchsheim, namentlich im Guttenberger
Wald lagen Massen deutschen Militärs und am Leininger Wald, direkt im Rücken von Gerchsheim, sollte noch deutsche Artillerie Aufstellung nehmen. Dazu war
noch im Ort ein Arbeitsdienstlager mit über 200 Mann, welche den Ort verteidigen sollten. Doch diese zogen in der Nacht von Karfreitag auf Karsamstag ab. Die
Amerikaner aber kamen nicht direkt von Tauberbischofsheim nach Gerchsheim, sondern seitwärts, teilweise über Wenkheim und Grünsfeld, schnitten die deutsche
Artillerie, welche für Gerchsheim bestimmt war ab und keilten das Militär in den Wäldern hinter Gerchsheim ein. So ging das Kriegsgeschehen an Gerchsheim
gefahrlos vorüber. Am Ostersonntag besetzten die Amerikaner den Ort und richteten ein Auffang- und Durchgangslager ein für gefangene Soldaten und politische
Gefangene, das 14 Tage bestand. In der Richtung nach Krensheim und Würzburg spielten sich dann weitere Gefechte ab, besonders vor
Messelhausen.
9. Oberwittstadt
Das bedauerlichste geschah in
Oberwittstadt bei Krautheim. Pfarrer Alois Beuchert hatte in seiner Osterpredigt den Karfreitag mit der Leidenszeit der Kirche, den
Ostersonntag als deren Erlösung von der bisherigen Leidenszeit verglichen. Man deutete dies als eine Anspielung auf die damalige Zeit. Durch Evakuierte, wie
man glaubt, wurde diese sofort an die SS nach Merchingen berichtet. Noch am Mittag kamen zwei SS-Leute, der eine drang mit Gewalt im Pfarrhaus ein, der
andere blieb außen stehen. Es entspann sich zuerst ein Ringkampf zwischen Pfarrer und dem SS-Mann. Als Letzterer nicht Meister wurde, rief er den anderen zu
Hilfe. Pfarrer Beuchert der die Stiege hinauf flüchtete, erhielt einen Bauchschuss, die beiden traten seinen Körper mit Füssen. Am Ostermontag verschied
er. Nach dem Durchzug der Amerikaner wurde es im allgemeinen wieder ruhig. Plünderungen in verschiedenen
Orten wurden nur von Polen und Russen aus den benachbarten Lagern in Wertheim gemeldet, ebenso auch nächtliche Überfälle auf einzelne Höfe, so bei Bronnbach,
Birkhof bei Hundheim, Hoffeld bei Pülfringen und in der Mühle von Werbachhausen wo in der Nacht zwei Frauen ermordet wurden. Vergewaltigungen an Frauen durch amerikanische Soldaten wurde nur aus Reicholzheim gemeldet. Auf Anzeige bei der Militärregierung in
Wertheim wurde der Fall eingehend untersucht und strengste Bestrafung zugesagt. Die Pg. (Anm. Parteigenossen) verhielten sich
allüberall ängstlich zurückhaltend. In Königheim, Külsheim, Tauberbischofsheim, Wertheim, Reicholzheim und Werbach wurden Verhaftungen vorgenommen. Das kirchliche Leben ging nach Einzug der Amerikaner ungestört weiter. Die politischen und religiösen Gemeinden
arbeiten bisher Hand in Hand. Nach dem Durchzug der Amerikaner setzte die Rückwanderung der aus dem Rheinland Geflüchteten ein.
Wochenlang zeigte sich ein Jammerbild größter Verarmung. Zu Fuß, zu Wagen und mit Handwägelchen zogen alltäglich Hunderte durch unsere Dörfer, ihrer noch
verwüsteten Heimat zu.
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